Wer kennt es nicht, das leidige Problem: Ein wunderschöner Ausblick, aber eine Hochspannungsleitung „verschandelt“ das Bild. Adobe Photoshop bietet für Bilder zahlreiche Werkzeuge wie Kopierstempel, Bereichsreparatur-Pinsel, Ausbessern Werkzeug oder mittlerweile, mit der Version CS6, sogar Inhaltsbasierendes Entfernen.
Alle diese Werkzeuge sind sehr hilfreich und gezielt eingesetzt, kann man damit ohne weiteres Stromleitungen entfernen. Was mich aber an dieser Methode stört, ist der Aufwand bei Fotos, bei denen die Leitungen über nicht homogene Flächen gehen.
Deshalb hier eine andere, recht schnelle Methode, sofern man bereits vor dem Fotografieren weiß, dass man die Leitungen weghaben möchte.
Die gewünschte Landschaft inklusive Stromleitungen fotografieren. Ein zweites Foto der Landschaft anfertigen und dabei genau das, was man in der Panoramafotografie und 360° Fotografie normalerweise vermeiden will, bewusst provozieren: Geisterbilder.
Exkurs:
Bei der Panoramafotografie möchte man gerne nebeneinander und/oder untereinander liegende, sich teilweise überschneidende Fotos zusammenfügen. Damit das auch gut klappt, ist es wichtig beim Fotografieren keinen Parallaxeneffekt, d.h. keine Verschiebung von Objekten im Vordergrund in Relation zu den Objekten im Hintergrund zu provozieren. Du kannst diesen Paralaxeneffekt leicht nachstellen, indem du die Zeigefinger senkrecht, jeweils 30 cm versetzt, vor deine Augen hältst. Schließe nun ein Auge und betrachte die Finger nur mit einem Auge. Stelle die Finger so, dass der vordere Zeigefinger den hinteren genau verdeckt. Drehst du nun deinen Kopf, ohne dabei die Finger zu bewegen, dann wirst du sehen, wie die Finger sich gegeneinander verschieben, weil du deine Augen nicht um die optische Achse drehst. Das nennt man den Parallaxeneffekt. Dieser Parallaxeneffekt produziert beim Zusammenfügen von mehreren Fotos (stitchen) Geisterbilder, indem die gegeneinander verschobenen Objekte sich unter Umständen nach dem Zusammenfügen zweimal auf dem Bild befinden. Bei der Panoramafotografie nutzt man darum einen Panoramakopf (auch Nodalpunktadapter genannt), um die Kamera bzw. das Objektiv um die optische Achse drehen zu können.
Jetzt wollen wir aber genau diesen Parallaxeneffekt ausnutzen, um Hochspannungsleitungen aus dem Foto zu retuschieren. Wir benötigen also keinen Nodalpunktadapter, nein wir versuchen sogar bewusst, die Kamera nicht um die optische Achse zu drehen.
Also das erste Foto erstellen, dann mit exakt den gleichen Einstellungen (Blende, Zeit, ISO, Weißabgleich, Fokus) ein zweites Fotos vom selben, leicht versetzten Ausschnitt erstellen. Die Kamera im manuellen Modus bedienen, ist dabei natürlich hilfreich. Den leicht versetzten Ausschnitt kann man durch das Verschieben der Kamera in horizontaler oder vertikaler Richtung erzeugen oder aber auch durch Drehung, dabei sollte man aber die Kamera nicht um die optische Achse drehen!
Je weiter die Leitungen und die dahinter liegenden Objekte voneinander entfernt sind, umso weniger muss der Ausschnitt versetzt werden.
Wir erhalten also zwei Fotos:
Nun die beiden Fotos mit der Photoshop Funktion Photomerge zu einer Bilddatei mit zwei Ebenen zusammenfügen lassen:
Die jeder Ebene zugeordnete Ebenenmaske löschen, aber nicht anwenden! Rechtsklick auf jede Ebenenmaske (1) und (2), dann löschen wählen:
Der oberen Ebene eine neue Ebenemaske hinzufügen. Obere Ebene aktivieren und Symbol Ebenenmaske hinzufügen (2) anklicken:
Die neue Ebenenmaske aktivieren (3) und mit einem weichen Pinsel (4) mit schwarzer Farbe über die Leitung (1) malen. Dadurch wird der so bemalte Teil der oberen Ebene transparent und die untere Ebene kommt zum Vorschein. Nun hoffen, dass das untere Foto die Leitung nicht auf der gleichen Position hat. Selbstverständlich klappt das nicht immer, darum muss sicherlich ab und zu die eine oder andere Position mit dem Kopierstempel retuschiert werden. Außerdem kann es vorkommen, dass man die Helligkeit der unteren Ebene etwas anpassen muss.
Wer aber schon mal eine Leitung, die quer über ein Dorf oder über eine Stadt verlaufen ist retuschiert hat, der weiß, wie viel Zeit er sich mit dieser Technik erspart.
Zum Schluss das Bild noch beschneiden, die Ebenen auf eine Ebene reduzieren, fertig.
Ergebnis:
Viel Spaß beim Nachprobieren…